5 TAGE BIS ZUM HOCHZEITSFEST

Es war Franzis Lieblingsthema - und Freya war wie jedes Mal genervt davon.
"Ihr könntet doch echt eine Doppelhochzeit machen."
"Hör auf damit, wir werden nicht heiraten."

Franzi kannte es nicht anders. Eugen und Freya waren ein Paar, seit Franziska denken konnte. Doch für die Fünfzehnjährige lebten alte Leute wie die Mutter und Eugen als Paar nicht unverheiratet und in getrennten Wohnungen. 

Vielleicht hatte sie auch Sorge, dass die Beziehung ihrer Mutter mit der einzigen Vaterfigur die sie hatte, einmal in die Brüche gehen könnte. Für Franzi war der Gutshof genauso ihr Zuhause wie das Forsthaus am Wald. Heidelinde und Eugen-Eric waren wie große Geschwister für sie. Franzi wär nur zu gern eine echte von Oegenbostel gewesen, mit dem sicheren Gefühl, dazuzugehören.

Doch nicht nur der Tochter war es wichtig, ein Teil der Familie zu sein. Auch Freya selbst konnte sich kein anderes Leben vorstellen. Beruf und Privatleben waren eng mit Eugen von Oegenbostel, ihrer Jugendliebe, verknüpft. Ihm gehörte ein erheblicher Anteil des Waldes, dessen Försterin sie war. Und ihm gehörte auch ihr Herz. Sehr lange schon und über andere Beziehungen hinweg, bis sie 2006, nach verschiedenen Schicksalsschlägen, zueinanderfanden.

Franzi war glücklich, eine der Brautjungfern zu sein, die Heidelinde ausgewählt hatte. Die Hochzeit von Eugens Tochter würde ein Erlebnis sein, bei dem Franzi wirklich dazugehörte.

Auch Freya hätte sich gern auf Heidis großen Tag gefreut. Doch dazu hätte sich Eugens Tochter einen anderen Mann aussuchen müssen.
Mit einem Bräutigam, dessen Vater ihren Wald als großen Bauplatz für ein Hotel sah und am liebsten noch eine Tiefgarage in den Berg fräsen wollte, konnte sie sich wahrlich nicht anfreunden. 
So ein Idiot! So ein Parvenu, der statt schöner Landschaft nur Dollarzeichen sah!
Freya konnte nicht nachvollziehen, dass Eugen die Pläne von Tochter und Schwiegersohn so gleichmütig nahm und die Projektidee sogar befürwortete.

Gut, dass nicht nur der NABU und die Umweltschutzbeauftragte dagegen waren, sondern auch der Gemeinderat wenig Anstalten machte, den Avancen Henrick Hoogestrats nachzugeben.
So wurde Freya in der Frage, ob ihre Loyalität dem Wald oder der Familie von Oegenbostel galt, nicht sonderlich auf die Probe gestellt.
Wenn es hart auf hart käme, das war Freya klar, dann würde sie zu denen gehören, die dieses Projekt auf jeden Fall verhindern mussten. Es durfte dieses Hotel nicht geben. Nicht dort, nicht in ihrem Wald, nicht auf der Höhe 92.

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